Humorvoll baut Moorexperte Professor Hans Joosten eine Brücke von seiner Familiengeschichte zu seinem Aktivismus: „Moor muss nass, und zwar sofort!“ Denn: Moorschutz ist Klimaschutz - ganz besonders in Niedersachsen.

Ein bunt gemischtes, zahlreiches Publikum hat die Einladung des BUND Oldenburg und der Stiftung Leben & Umwelt/Heinrich-Böll-Stiftung am 28. August 2025 angenommen, um sich im Gespräch mit Professor Hans Joosten über den Beitrag von Mooren zum Klimaschutz zu informieren. Landwirte waren ebenso vertreten wie Mitarbeiter*innen aus Verwaltungen, der Wissenschaft, ehrenamtlich Aktive, Moor-Fans, Ahnungsvolle und Neulinge. Das ergab der kurzweilige Einstieg von Mona Hofmann. Humorvoll ging es weiter mit einem Einblick in die Familiengeschichte des Referenten
Geboren am Rand eines großen Moores an der Grenze zwischen den Niederlanden und Preußen, begleitet Professor Hans Joosten der Lebensraum Moor von klein auf.
Die Geschichte vom Moor ist die Geschichte von mir,
fasst er seine Biografie zusammen. „Mein Großvater war einer der Täter“, bekennt er freimütig. Er erlebt die erfolgreiche Trockenlegung des Moores. Und ebenso wie die gewonnene Fläche genutzt wird. Sein Vater baut dort erfolgreich die „Bio-Industrie“ auf und meint: extrem viele Hühner und Schweine werden auf extrem wenig Fläche gehalten. Ein Zyklus, den auch in Niedersachsen viele kennen und der in einem Spruch die Mühen der Besiedelung der Moore beschreibt:
Den Ersten sien Dod, den Tweeten sien Not, den Drütten sien Brod.
1990 plant Joosten den Bruch mit der Familientradition. Erfolgreich. 33 Jahre später werden die Flächen seiner Familie geflutet. Denn: „Moore sind eigentlich Nass-Gebiete“. Ein lebendes Moor ist nasser als ein Greis, der zu 45 Prozent aus Wasser besteht. Und auch nasser als ein Baby (70 Prozent). Moor muss nass, so das Motto von Joosten.
Doch was bewegt jemanden, die wirtschaftlichen Erfolge seiner Familie zu ignorieren und ganz anders vorzugehen? „Wir müssen die Welt radikal umdenken, alles, überall, auch hier und deshalb sind wir hier“. Und eben auch bei ihm zuhause, wo für ihn alles begann. Es sind die begrenzten Ressourcen, die zunehmende Erwärmung unserer Welt, die ihn antreiben. „Jede Tonne CO2 heizt das Klima weiter an.“ So wie uns auch mit jeder Jacke oder jedem Pullover, den wir zusätzlich anziehen, wärmer wird. Deshalb müsse jede verbleibende Tonne sofort und dauerhaft der Luft entzogen werden. Und das gelingt nur, wenn die Moore wieder Nass-Gebiete werden dürfen.
Ein Thema, das Niedersachsen betrifft. Denn 16 Prozent des hier freigesetzten Kohlenstoffdioxids (CO2) entweicht aus Moorböden, so Joosten. Wir weiden Kühe auf Moorböden oder bauen ihr Futter dort an. Kartoffeln werden auf Moorböden angepflanzt. Wald entsteht, wenn die Moore entwässert werden. Und immer wird Kohlenstoffdioxid freigesetzt und das Klima angeheizt.
Haben wir genug Wasser? Ja, lautet die entschiedene Antwort. Aber man müsse es besser als bisher in der Landschaft halten.
Joosten mahnt, Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen. Im Jahr 2090 werden fünf Millionen Menschen weltweit ihren Lebensraum verlieren, wenn unsere Moorflächen unverändert weiter CO2 freisetzen. Und dafür braucht es uns alle. Unsere Kreativität und Flexibilität, um neue Wege und Verfahren zu entwickeln. Es braucht politische Rahmenbedingungen, wirtschaftlichen Pioniergeist, und ein entsprechendes Kaufverhalten bei uns allen. Erste gute Beispiele gibt es. Die torffreie Erde, die wir alle kaufen können. Die Verpackungsmaterialien, die aus Pflanzen hergestellt werden, die auf nassen Moorböden angebaut werden.
Doch neben Fakten und Zahlen hat er auch beeindruckende Aufnahmen von Mooren weltweit im Gepäck, die deutlich zeigen, wie faszinierend, wie schön und liebenswert dieser Naturraum ist. Hans Joosten endet mit dem flammenden Appell:
Moor muss nass, und zwar sofort!
Die anschließende lebhafte Diskussionsrunde vertieft viele Aspekte. Das „Wie“ steht bei den meisten im Vordergrund, nicht so sehr das „Ob“. Und die Notwendigkeit, endlich die politischen Rahmenbedingungen entsprechend zu gestalten. Schade, die Politik war an diesem Abend nicht vertreten.
Tipps zur Vertiefung:
Swantje Furtak & Hans Joosten: Moore sind wie Menschen, nur nasser. KATAPULT-Verlag Greifswald 2024.
Mooratlas 2023: Daten und Fakten zu nassen Klimaschützern. Heinrich-Böll-Stiftung
Podcast: Moortransformation: Ein Kraftakt für alle. Heinrich-Böll-Stiftung