Das merkwürdige Comeback des Baschar al-Assad

Analyse

Im Nahen Osten nähern sich Regierungen, die vormals Damaskus die kalte Schulter zeigten, von Neuem an das mörderische Regime an. Es ist ein Musterbeispiel dafür, wie man Menschenrechte aufs schwerste verletzen und dennoch ungestraft davonkommen kann.

Für Baschar al-Assad sieht es nicht schlecht aus. Erstmals nach zehn Jahren sprach der jordanische König Abdullah II. wieder mit ihm, Anlass: die Öffnung der Grenze zwischen den beiden Ländern. Der Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Abdullah bin Zayed, besuchte unlängst die syrische Hauptstadt und sicherte dem Assad-Regime mehr Wirtschaftshilfe zu. Khalid bin Ali Al Humaidan, der Chef des saudischen Geheimdienstes, traf in Kairo seinen syrischen Amtskollegen Hussam Luka, im Rahmen einer ägyptischen Initiative, das suspendierte Syrien wieder voll in die Arabische Liga aufzunehmen. Auch bilateral versucht Ägypten die Beziehungen zu Damaskus zu verbessern. Zehn Jahre nachdem Assad begann, die friedliche Revolte im eigenen Land brutal niederzuschlagen, sieht es so aus, als habe sich das Blatt zu seinen Gunsten gewendet.

Die internationalen Beziehungen des Assad-Regimes

Kein Krieg ist besser dokumentiert, als der in Syrien. Zahlreiche Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind belegt, darunter der Einsatz chemischer Waffen. Wie konnte es Assad angesichts dessen gelingen, sich international wieder Freunde zu machen?

Einige Gründe liegen offen zutage, beispielsweise die diplomatische Unterstützung durch Russland und China im Weltsicherheitsrat sowie die beträchtliche militärische Unterstützung, die Russland und der Iran Syrien gewährten – und ohne welche die Syrische Armee, die bereits 2013 auf die Hälfte ihrer ursprünglichen Größe geschrumpft war, zusammengebrochen wäre. Auch die gescheiterten Interventionen in Afghanistan, Irak und Libyen spielten dem Regime in die Hände, denn obgleich die Umstände andere waren, wurden sie oft als abschreckende Beispiele angeführt, wenn es - -noch bevor die syrische Opposition dies forderte - darum ging, ob eine militärische Intervention die richtige Antwort sei.

Insofern mag nachvollziehbar sein, warum man gegen Assad nicht militärisch vorging. Schwieriger zu begreifen ist, warum es heute zu einer schleichenden diplomatischen Wiederannäherung an das Regime kommt.

In meinem 2013 erschienenen Buch The Wisdom of Syria’s Waiting Game, sagte ich voraus, Baschar al-Assad werde sich bei einer Krise verhalten wie schon sein Vater: internationale Forderungen nach Reformen zurückweisen und warten, bis kritische Regierungen sich anderen Fragen zuwende. Was, das hat die Erfahrung gezeigt, zwangsläufig geschieht. Von diesem Muster ist das syrische Regime stets nur abgewichen, wenn seine Existenz bedroht war – zum Beispiel, als es 1990 die Sowjetunion als Garantiemacht verlor oder 1998, als die Türkei drohte einzumarschieren, nachdem sie lange genug zugesehen hatte, wie Damaskus die Kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützte und beherbergte.

Verschiedentlich sah es auch während des seit einem Jahrzehnt andauernden Krieges so aus, als habe das Regime zu hoch gepokert, beispielsweise nachdem  im August 2013 über 1.400 Zivilisten bei einem Chemiewaffenangriff starben. Hier wurde klar ein Tabu gebrochen, so offensichtlich, dass es Folgen weit über Syrien hinaus hat, da wichtige Normen des internationale Recht beschädigt werden. 

"Das kleinere Übel"?

Assads Sturz schien nahe, doch gelang es ihm nicht nur, die Krise auszusitzen. Obwohl US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergei Lawrow vereinbarten, dass das syrische Chemiewaffenarsenal zerstört würde, intensivierte Assad den Krieg sogar – und setzte weiter Chemiewaffen ein.

Die Krise konnte Assad teils deshalb so erfolgreich überwinden, da es seinen Unterstützern gelang, das Regime als „das kleinere Übel‟ hinzustellen. Das griff jedoch nur zwischen 2013 und der Niederlage des Islamischen Staats, einer Zeit, in der die Gräueltaten des IS manchen vergessen ließen, dass das syrische Regime gleichermaßen foltert und mordet – jedoch viel systematischer und in größerem Stil.

Wenn das Assad-Regime andere überzeugen kann, es sei vernünftigen Argumenten zugänglich und an einem strategischen Dialog interessiert, dann kann es auch negative Schlagzeilen aussitzen.

Das Regime nutzte aus, dass die internationale Gemeinschaft sich vor einem Staatszerfall fürchtete und deswegen trotz der maßlosen Gewalt zögerte, härter gegen Assad vorzugehen. Der wiederum schützte sich selbst und seine Entourage, höhlte aber die Institutionen aus. Wenn das Assad-Regime andere überzeugen kann, es vernünftigen Argumenten zugänglich und an einem strategischen Dialog interessiert, dann kann es auch negative Schlagzeilen aussitzen.

Möglich ist das allerdings nur wegen des hemmungslosen Wunschdenkens einiger internationaler Akteure, die davon ausgehen, Assad werde sich, auch ohne signifikanten Druck von außen irgendwann auf einen konstruktiven Dialog einlassen. Dabei glauben sie, sie müssten wählen zwischen Assad und Instabilität, beziehungsweise zwischen Assad und dem „Islamischen Staat“, und dass politischer Wandel nur möglich sei, wenn Assad daran beteiligt ist.

Die diplomatischen Anstrengungen des Regimes konzentrieren sich bereits seit 2011 auf die UNO, einer bewusst gewählten öffentlichen Arena. Außenpolitisch hat Syrien immer mehrere Ansätze zugleich verfolgt.

Lange hat Hafiz al-Assad Beziehungen zu nichtstaatlichen Akteuren aus Palästina, dem Libanon, der Türkei, dem Irak und Jordanien gepflegt, denn diese konnte er benutzen, um seine Nachbarn unter Druck zu setzen. Sein Sohn Baschar hat dies weitergeführt. Die am besten dokumentierten Beispiele sind, wie ab 2003 Dschihadisten in den Irak eingeschleust wurden und eine Reihe politischen Attentate im Libanon seit 2005.

Um als legitime Kraft zu gelten, ohne die es in der Region keine Stabilität gibt, setzt das syrische Regime paradoxerweise auf Destabilisierung – und das funktioniert. Im Libanon hat es sich Wirkung gezeitigt, und mehrere US-Präsidenten haben über die Rolle des syrischen Regimes bei den Angriffen von Dschihadisten im Irak auf US-Truppen hinweggesehen. Von Syriens Nachbarstaaten haben es nur Israel und bis zu einem gewissen Grad die Türkei vermocht, sich dem entgegenzusetzen.

Wie die meisten autoritären Staaten, hat das Regime interne Opposition geduldet, so lange sie schwach war, gespalten, und sich innerhalb erlaubter Grenzen bewegte. Eine revolutionäre Bewegung aber, die neue Ansätze verfolgte, die von äußeren Kräften weder unterwandert noch kompromittiert war, und die sich authentisch für politischen Wandel und friedliche Alternativen einsetzte, stellte für die Regierung eine echte Bedrohung dar, und entsprechend aggressiv ging es gegen sie vor.

In den Jahren 2011 und 2012 ließ das Regime charismatische Anführer der gewaltlosen Opposition ermorden, etwa Ibrahim Qaschusch und Ghiath Matar, während es Dschihadisten bewusst übersah – und diese den Aufschub zu nutzten wussten, um ihren Einfluss auszudehnen.

Gleich welche Alternativen es zu Assad gab, gleich wie demokratisch ihre Ziele, wie gut gemeint ihr Engagement, sie wurden allesamt gezielt vernichtet, entweder physisch oder in ihrem Ansehen. Besonders erfolgreich gelang das beim Syrischen Zivilschutz, den besser als Weißhelme bekannten Ersthelfern. Ziel war, es aussehen zu lassen, als gebe es bei dem Konflikt keine „Guten‟, das heißt, Diplomaten, Politikern und Anderen redete man ein, sie könnten, setzten sie auf die Opposition, Stabilität leichtfertig für eine schlechtere Lösung eintauschen.

So kam es zu nie vollständig geklärten Anschlägen in Syrien, der Türkei und im Libanon, die den Menschen vor Ort und in aller Welt Angst machen sollten. Die Verantwortlichen für mehrere Anschläge in der türkischen Stadt Reyhanlı hatten, wie sich vor Gericht herausstellte, engen Kontakt zum syrischen Regime.

Im Libanon, der bis 2005 unter syrischer Besatzung stand, fiel es dem Assad-Regime leicht, über dunkle Kanäle Angst und Schrecken zu verbreiten. Im August 2012 wurde der vormalige libanesische Minister Michel Samaha verhaftet – er wurde angeklagt und verurteilt dafür, während eines Besuchs des Maronitischen Patriarchen Béchara Pierre Raï im Nordlibanon geplant zu haben, über 20 Bomben explodieren zu lassen. Aussehen sollte dies wie ein islamistischer Anschlag gegen Christen, und Samaha selbst soll bekannt haben: „Das ist es, was Baschar will‟.

Drahtzieher dieses Versuchs, den Konflikt zwischen den konfessionellen Gruppen anzuheizen und den Libanon in einen Bürgerkrieg zu stürzen, war Ali Mamlouk, Koordinator der syrischen Geheimdienste sowie Sicherheitsberater Baschars. Hätte der Plan funktioniert, wäre es mit einiger Sicherheit zu Übergriffen gegen syrische Flüchtlinge im Libanon gekommen und, eine deutliche Warnung an die Libanesen und ihrer Regierung: Wenn Syrien untergeht, dann werdet ihr mitgerissen.

Krise der syrischen Armee

Unterdessen stützte sich das syrische Regime auf Kräfte aus dem Libanon, speziell auf Hisbollah. Die syrische Armee steckte seit 2013 in einer tiefen Krise – es mangelte ihr an Disziplin, Struktur und Kampfkraft. Für besonders brutale Einsätze hatte man die Shabiha und die als „Tiger-Kräfte‟ bekannte Spezialeinheit unter der Führung von Sohail Hassan. Was jedoch Kampferfahrung anging, stützte man sich auf die gut ausgebildete, stark hierarchische Hisbollah.

Als hunderte Hisbollah-Kämpfer in Syrien starben, sorgte das im Libanon für Verbitterung, denn dort steht Hisbollah für den „Widerstand“ gegen Israel. Viele Angehörige und Unterstützer der Hisbollah fanden es sinnlos, für Assad zu kämpfen und zu sterben. Der hingegen sah sich nicht bemüßigt, den Druck zu lindern, den Hisbollah im Libanon ausgesetzt war – und der sich durch die über eine Million syrischer Geflüchteter im Lande noch verschärfte.

Millionen Menschen sind aus Syrien in die Türkei geflüchtet, nach Jordanien und in den Libanon. Trotz der elenden Bedingungen, unter denen sie dort leben, sind nur sehr wenige nach Syrien zurückgekehrt. Assad weiß, wie sehr dies die Nachbarstaaten belastet – und er versucht, dies als Verhandlungsmasse zu nutzen. Durch eine neue Offensive in Idlib, wo zwei bis drei Millionen Menschen, die Hälfte davon Binnenflüchtlinge leben, versucht er Druck auf die Türkei aufzubauen, wächst dort doch die Unzufriedenheit über die Flüchtlinge. Nachdem die Partei Erdoğans 2019 bei den Kommunalwahlen viele Stimmen verlor, erhöhte die Regierung den Druck auf die Flüchtlinge. Die Folge ist auch, dass die Spannungen zwischen Türkei und EU weiter zunehmen.

Die schleichende Annäherung der arabischen Staaten an Assad zeigt, die Syrienpolitik der USA ist selbstgefällig und verfehlt.

Der Zustrom Geflüchteter in die EU hat auch den Rechtspopulismus gestärkt und, als Europa Präsident Erdoğan für die Besetzung von Teilen Nordsyriens kritisierte, erklärte dieser, er werde die Grenzen öffnen und 3,6 Millionen Flüchtlinge nach Europa schicken. Das zunehmende Durcheinander erleichtert es dem syrischen Regime, sich als Faktor für Stabilität darzustellen.

Die Genfer Friedensverhandlungen

Seit Jahren nimmt das Regime an den Genfer Friedensverhandlungen teil, einer Reihe von Konferenzen, um die Gewalt zu beenden und eine politische Übergangslösung herbeizuführen. Genau das will das Regime jedoch unbedingt verhindern, und keine Verhandlungsrunde hat bislang die Lage der syrischen Bürgerinnen und Bürger spürbar verbessert.

Während der sechsten Runde der Gespräche konnte man sich unlängst nicht einmal auf Grundlagen für eine neue Verfassung für Syrien einigen. Das Regime verhandelt nicht; die Gespräche dienen ihm lediglich als Inszenierung, und zudem geben sie syrischen Offiziellen die Möglichkeit, regelmäßig in Europa zu shoppen. Selbst der ausgesprochen geduldige UN-Sondergesandte für Syrien, Geir Pedersen, bezeichnete die Treffen bereits als „eine große Enttäuschung‟.

Diplomatische Perspektiven

Die schleichende Annäherung der arabischen Staaten an Assad zeigt die Grenzen der verhaltenen, oft fehlgeleiteten Syrienpolitik der USA auf. Von Anfang an versandeten alle diplomatischen Bemühungen, die nicht mit einer glaubhaften militärischen Drohung einhergingen. Nur zu gerne beteiligt sich das syrische Regime an einer solchen Farce, erlaubt ihm dies doch, seine Gegner weiter ungestört zu bekämpfen und zu töten. Nur einmal war Syrien zu gewissen Zugeständnissen bereit, nämlich im September 2013, als kurzzeitig eine militärische Intervention im Raum stand. (Die Luftangriffe, die Präsident Trump 2017/18 anordnete, stellten für Assad hingegen keine echte Gefahr dar).

Nichts deutet darauf hin, das Regime werde allein durch Diplomatie sein Verhalten ändern, und nichts spricht aktuell dafür, es werde für einen dauerhaften Frieden Zugeständnisse machen. Beispielsweise hätte das Regime Amnestien aussprechen oder sich an die von ihm erlassenen Amnestien wenigstens halten können, doch aus keiner Provinz des Landes gibt es Beispiele für eine erfolgreiche Aussöhnung.

Die Waffenstillstände, die unter der Regie von Staffan de Mistura, des damaligen UN-Sondergesandten für Syrien, für bestimmte Gegenden ausgehandelt wurden, gaben, wie ein Bericht des Atlantic Council belegt, dem Regime die Kontrolle über weite Teile des Landes – ohne, dass es dafür dauerhafte Zugeständnisse machen musste. In Gebieten, die wieder unter Kontrolle des Regimes kamen, wurden Bürgerinnen und Bürger, Familien inklusive, auf verdächtige politische Betätigung hin durchleuchtet, und viele der Verhafteten blieben verschwunden.

Die Frage der über 100,000 „Verschwundenen‟ ist dringlich, und es ist bedeutsam, wie das Regime hiermit umgeht. Als Angehörige zu erfahren verlangten, was aus ihren Verwandten geworden war, setzte Russland das Regime unter Druck. Die syrische Regierung schickte jedoch nur einige hundert nachlässig ausgestellte Todesscheine, meist wurden „natürlich Gründe‟ als Todesursache angegeben. Für das Regime ist dies typisch: Pro forma arbeitet es mit der internationalen Gemeinschaft zusammen, liefert jedoch nicht.

Wie das Regime mit der Staatengemeinschaft umspringt, zeigt sich daran, dass selbst Hilfslieferungen als Waffe einsetzt werden. Während der Belagerung von Ost-Aleppo (bis 2016) und von Ghouta (bis 2018) ging das Regime kaum auf Forderungen der UNO ein, Hilfslieferungen in die betroffenen Gebiete durchzulassen. Nur wenigen Konvois wurde stattgegeben, wobei Kontrolleure an den Checkpoints aus den Lastwagen oft auch solche Artikel entfernten, die das Regime genehmigt hatte. Menschen, die auf die Ausgabe von Hilfsgütern warteten, wurden beschossen, und in einem Fall wurde ein ganzer Konvoi zerstört.

All dies sollte eine klare Warnung sein: Jede Art von Diplomatie, die auf Assads unnachgiebige Politik eingeht, öffnet Menschenrechtsverletzungen Tür und Tor. Auch wenn man betrachtet, welche Akteure sich aktuell um eine Verständigung mit Syrien bemühen, zeichnet das kein hoffnungsfrohes Bild, sind es doch Staaten, die an Menschenrechten kein Interesse haben.

Wahrscheinlich hat das derzeitige Tauwetter andere Gründe. Syriens Nachbarn suchen eine Möglichkeit, Geflüchtete abzuschieben. Deren Sicherheit interessiert dabei nicht, und die Anrainer gehen davon aus, das Regime werde sie aufnehmen.

Wie jedoch libanesische Politiker, die die Beziehungen ihres Landes zu Damaskus normalisieren wollten, bereits 2017 merkten, sieht das Regime das anders. Es ist froh, Menschen loszuwerden, die es für Unruhestifter hält. Wieso, so die Haltung des Regimes, sollten wir sie wieder aufnehmen? Wie die libanesischen Behörden bestätigten, nahm Syrien nur 20 Prozent der Rückkehrwilligen tatsächlich auf.

Möglich ist auch, dass die Staaten, die heute auf eine Wiederannäherung setzen, hoffen, von westlichen Geldern für den Aufbau Syriens zu profitieren. Allerdings ist unklar, wer in Syrien investieren sollte. Europa hat sich bislang daran gehalten, einen Wiederaufbau nur dann zu finanzieren, wenn es klare Zeichen für einen ernsthaften, grundlegenden Wandel gibt. Im Unterschied zum Westen legt China wenig Wert auf solche Vorbedingungen. Obgleich es aber angedeutet hat, in Syrien investieren zu wollen, ist wenig wahrscheinlich, dass dies im großen Stil geschieht. Das Assad-Regime ist, wie allgemein bekannt, durch und durch korrupt, und für China dürften unter diesen Voraussetzungen Investitionen kaum attraktiv sein.

Autokratische Bündnisse

Trotz aller Zeichen für eine Annäherung und trotz aller Rhetorik hat sich bislang keine Regierung in Syrien ernsthaft finanziell engagiert. Die Staaten, die auf eine Annäherung mit Assad setzen, sind durch die Bank weg autokratisch, und entsprechend sympathisieren sie mit einem Diktator, der einen Volksaufstand bekämpft. Jedoch, eben weil es sich bei diesen Ländern um Autokratien handelt, verstehen sie auch das Wesen des syrischen Regimes besonders gut – und das lässt sie zögern, sobald es darum geht, Geld in das Land zu stecken.

Autokratien bewundern Assad, hat er doch ein neues Kapitel geschrieben in dem Handbuch ‚Wie bleibe ich als Autokrat an der Macht?‛ – Titel: Wie man sich so ziemlich alles erlauben kann und trotzdem ungestraft bleibt

Steckt ein Diktator in der Klemme, unterstützen ihn diejenigen, die durch seinen Sturz verlieren, beziehungsweise, von seinem Machterhalt profitieren. Der Iran stellte sich hinter Assad, um seine Position in der Region zu sichern, und Russland tat es, da Syrien die Chance bot, erneut Großmacht zu werden. Jetzt, da Assad wieder fest im Sattel sitzt, gesellen sich auch die andren Potentaten hinzu, die genau wie er kein Interesse an demokratischen Reformen haben. Die Vereinigten Arabischen Emirate und andere Autokratien bewundern Assad, hat er doch ein neues Kapitel geschrieben in dem Handbuch ‚Wie bleibe ich als Autokrat an der Macht?‛ – Titel: Wie man sich so ziemlich alles erlauben kann und trotzdem ungestraft bleibt.

Und die anderen haben dazugelernt. Immer dreister werden heute  Dissidenten und Oppositionelle ermordet. Der bislang krasseste Fall: Die Tötung von Jamal Khashoggi durch saudische Schergen im Konsulat in Istanbul.

Für demokratische Staaten, die eine Weltordnung nach internationalem Recht und entlang allgemeingültiger Normen wollen, ist Syrien eine ernste Warnung. Weder darf es purer Idealismus sein, die Verantwortlichen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu bestrafen, noch sollte die Verantwortung, die Opfer zu schützen, eine Frage des Vielleicht sein.

Wenn man glaubt, ein Regime, das auf Offerten nie eingegangen, das nie Zugeständnisse gemacht hat, werde sich ändern, so ist das weder realitätsnah noch pragmatisch; es ist eine Art von Wunschdenken, das die Täter ungestraft lässt.

Assads Strategie des Aussitzens ist nicht länger nur defensiv. Assad wartet ab, und alle wissen, dass er Blut an seinen Händen hat. Entsprechend erwägen andere Autokraten, was sie sich ungestraft erlauben können. Für die Welt bedeutet dies eine Zukunft geprägt von mehr und mehr Gewalt und mit schwindender Stabilität.

 

Der Beitrag wurde zuerst in englischer Sprache in Foreign Policy veröffentlicht.